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SHINDY – I LOVE MY PEOPLE

Label: URBAN

Genre: Deutschrap

Ein neues Projekt von Shindy! Ich sag bewusst Projekt, weil ich nicht wirklich herausgefunden habe, ob I Love My People jetzt ein neues Mixtape oder ein neues Album ist. Ich tendiere ein bisschen mehr Richtung Mixtape, allein schon wegen der vielen Freestyles, kann aber auch nachvollziehen, wenn man von einem Album spricht, weil thematisch hat das Ding schon einen roten Faden – es geht wieder mal um Shindys ganz eigenen Film im Protz und Luxus.

Denn die 15 neuen Tracks sind voller Flex. Wie üblich, wenn Shindy ans Mic tritt, wird nicht zurückgehalten – da werden die schnellsten Karren gefahren, die dicksten Uhren getragen, die schönsten Frauen umgarnt und vor allem die absolut teuersten Designerklamotten ausgeführt. I Love My People ist – wie man am Cover schon sehen kann – nicht die Fortsetzung seines letzten Albums In meiner Blüte, sondern ein Zwischenprogramm. Obwohl man sich einiges davon auch auf der Fortsetzung vorstellen hätte können. Die Songs fallen kurz aus, sind eben hauptsächlich dazu da, um Shindys Lifestyle zu glorifizieren.

Dass er das mit seiner typischen Attitüde macht, ist klar. Er ist und bleibt einer der besten deutschsprachigen Rapper, kann makellos flowen, hat immer wieder amüsante Vergleiche oder Beobachtungen dabei und die ein oder andere treffende Punchline. Die Beats sind wie immer ziemlich hochklassig, er hat sich ein perfektes Umfeld zusammengestellt, wo er stets brillieren kann, wo technisch keine Fehler zu erkennen sind – im Gegenteil, wo man die Durchschlagskraft seines Tuns spüren kann, die Silben fast unverschämt locker aus seinem Mund kommen.

Das Problem an der Sache liegt also nicht an der Umsetzung, sondern am Thema. Ein Highlife-Film ist zwar für den Moment recht amüsant, mit zunehmender Dauer oder gar auf Dauerschleife wird die Sache dann aber recht eintönig. Irgendwann weiß man, dass Shindy den neuesten Mercedes fährt und dass er eine große Liebe für Nobelmodelabels hegt. Hinter die Fassade lässt er nie blicken. Und das ist extrem schade, weil er mit seinen Fähigkeiten großartige Geschichten erzählen könnte.

So gibt’s solide Tracks, die aber selten irgendeinen tatsächlichen Wiedererkennungswert bieten. Wo In meiner Blüte noch mit zahlreichen, wunderbaren nostalgischen Momenten gespickt war, wird hier dem Massenkonsum-Zeitgeist gehuldigt. Oder dem eigenen Körperbild – meine Güte, feiert sich Shindy für seine aktuelle Form. Ich kann nachvollziehen, dass man einen gewissen Stolz in sich trägt, wenn man so aussieht, aber es so dermaßen auszuschlachten oder sich sogar per Skit von einem befreundeten Türsteher extrem feiern zu lassen, macht die Sache irgendwann ein bisschen zu viel, fast ein bisschen unangenehm. Auf „Sport & Diät“ wird der Beat noch zum größten Highlight, der Rest ist ziemlich eintönig – eben auch thematisch langweilig. Ich hab den Track schon in Nope. Meh. Hot. in die Meh-Kategorie gepackt, und da bleibt er auch. Ist für mich der Track, der am wenigsten zündet.

Neben seiner eigenen Statur ist es Shindy außerdem regelmäßig ein Bedürfnis, sich direkt mit Jesus zu vergleichen. Jesus in Designerklamotten. Kann man machen – im Rap gibt’s bekanntlich keine zu größenwahnsinnigen Vergleiche.

Musikalisch find ich das „Feature“ mit Massiv auf „Prototyp“ ansprechend. Banger-Beat, das Sample von Massiv – das eben als Feature verkauft wird – ist herrlich integriert, und die Energie, die dieser Song ausstrahlt, zieht nach vorne, hat ordentlich Hype-Faktor, macht Bock. Umgekehrt find ich „Physique“ aufgrund des gegenteiligen Ansatzes auch gelungen: ein Track für den Sommer, für die heißen Tage an den Stränden, wo die Assoziation nicht nur aufgrund des Beats, sondern auch aufgrund des Textes zustande kommt. Das ist locker und kommt einfach gut. Außerdem ist „Habemus Papam“ ein ordentliches Brett, ein böser Beat als Grundlage – und eben der Größenwahn, den man mit diesem Skill-Level auch haben darf.

Die Freestyles – von denen es gleich drei gibt – sind auch allesamt gelungen, am meisten sticht aber der Closer „Eichhörnchen Freestyle“ heraus, weil Shindy hier ordentlich gegen Kollegah austeilt. Es gibt außerdem ein paar Features, beispielsweise „Einfach nur reich“ mit Yung Kafa und Kücük Efendi, wo’s eine sehr vernuschelte, verzerrte Hook gibt und eine solide Rapstrophe von Yung Kafa. Kalim schaut auf „Skims Hoes“ vorbei – auch hier wieder eher böser, bouncender Beat, wo aber eben nicht sonderlich viel erzählt wird.

Also insgesamt ist I Love My People ein solides Tape, auf dem man die bekannten Skills von Shindy hören darf. Leider bleibt er sehr oberflächlich, fährt seinen Film in den immergleichen Szenen, untermalt sie nur mit anderen Beats. Ich würd mir wünschen, dass er den Hunger, den er für das Flexen seiner Nobelgüter zeigt, auch mal mit tiefergehenden Themen und Gedanken stillen kann. Da könnte dann eines der besten Rap-Projekte überhaupt entstehen. Fürs Erste bleibt ein technisch versiertes Tape über.

Wetung: Starke 6 – schwache 7/10