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HERBERT GRÖNEMEYER – DAS IST LOS

© Vertigo Berlin

Genre: Deutsch-Rock/Pop

So richtig knallen will das 16. Album von Herbert Grönemeyer nicht. Dabei bringt der Altmeister einige essentielle Dinge mit: Seine Synthis und Lyrics, die die Gesellschaft zusammenschweißen soll.

Man hört natürlich immer hin, wenn der erfolgreichste deutsche Künstler etwas veröffentlicht. Das ist los beendet die fünfjährige Pause von Grönemeyer und kommt genauso daher, wie man es erwarten durfte – mit tagesaktuellen Themen, einigen Balladen aber auch Songs, die zur ausgelassenen Tanzeinlage einladen sollen.

Grönemeyer bleibt sich treu, gibt eine Bestandsaufnahme seiner Seele und seiner Gedanken preis und scheint sich vor allem einer Aufgabe verschrieben zu haben: Dem Konzept der Hoffnung und des Zusammenführens. Irgendwie wird schon alles gut werden. Aber ansprechen muss man sie schon, die Konflikte und Ungerechtigkeiten der Welt, die Zwietracht säen und Bevölkerungsgruppen spalten. Hoffnung ist gerade so schwer zu finden stellt er mit dem ersten Satz des Album-Openers Deine Hand fest. Gröni findet sie in den folgenden dreieinhalb Minuten und baut darauf die nächste Dreiviertelstunde auf.

Deine Hand kann als eine der besten Nummern des Albums angesehen werden, zeigt eine schöne Entwicklung, einen schönen Stimmungsbogen. Grönemeyer intoniert wie eh und je, sein staccato klingt vertraut und seine dargebotene Geschichte funktioniert sowohl aus individueller als auch als gesellschaftlicher Sicht. Ein Song über Liebe und Freundschaft, über Zusammenhalt und Hoffnung.

Zwei Dinge sind Fixpunkt im Grönemeyer-Musik-Kosmos: Balladen und Tanznummern. Eine große Ballade begegnet uns relativ rasch mit Tau. Wunderschöner Song mit langgezogenen Harmonien und einem im Zentrum stehenden Klavier. Gröni kann singen wie niemand anderer im deutschsprachigen Raum und Gefühle wie nur wenige transportieren. Sehr bedrückend, vielleicht auch ein wenig befreiend fühlt sich der Song an, der aber leider einen großen Höhepunkt vermissen lässt und auch die ein oder andere gar einfache, fast schon üble Reimkette mit sich bringt. Grönemeyer auf Handbremse erlebt man sehr selten.

Behutsam gibt sich größer, hat Streicher dabei und Grönemeyer geht mehr aus sich heraus. Froh, wenn dein Wort klingt / Froh, wenn dein Herz springt singt er und man sieht die Menschenmassen schunkeln. Trotzdem, so richtig knallen will es hier einfach nicht. Also wechseln wir lieber zu den Synthie-Nummern.

Und starten mit einer Monosynth-Ballade – Urverlust. Zärtlich und wie von hinten singt sich Grönemeyer anschleichend in unsere Herzen. Bisschen mehr Wumms kommt gegen Ende schon hinein, die stimmliche Leistung ist hier der große Star. Sonst befinden wir uns in sehr seichten Gefilden. Schöne Liebeserklärung von Gröni, die gut und gerne noch mehr Tiefe vertragen hätte, um ein kleines überraschendes Moment zu schaffen. Das Saxophon zum Ende fühlt sich aber stimmig an.

Auch Angstfrei fällt eher mit sehr leichten Klängen auf, die aber nicht an die Größe vergangener Tage anschließen können. Die Melodien sind durchschaubar und auch Grönemeyer setzt auf einfache Intonationen, was ihm live sicherlich einen großen Chorgesang einbringen wird, auf der Studioversion dafür viel Potential liegen lässt.

Der Schlüssel verschreibt sich dem Minimalismus und bleibt auch wenig schuldig. Grönemeyer kann hier überzeugen, auch wenn der Refrain lieber auf Nummer sicher geht, als sich aus dem Fenster zu lehnen.

Und so kommen wir nur schwer vom Fleck. Der titelgebende Track Das ist los klingt wie ein Reinhard May-Chanson auf Speed. Der Closer Turmhoch wie ein aus der Zeit gefallener Synth-Kalauer, ein Experiment, dass ob seiner Darbietung ziemlich nach hinten los ging.

Die Platte ist nicht per se schlecht – die Texte, auch wenn manchmal ein bisschen hölzern vorgetragen, behandeln wichtige Themen. Der Sound dafür kann nicht richtig ausbrechen, es bleiben unterm Strich zwölf solide Lieder und ein Fehltritt übrig.

6,1/10