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Miley Cyrus – Plastic Hearts

© Sony Music

Endlich ein Rockalbum! Miley Cyrus hat sich mit ihrem siebten Langspieler Plastic Hearts einen Traum erfüllt. Kann das musikalische Chamäleon auch halten, was es verspricht?

Drei lange Jahre mussten Fans des ehemaligen Kinderstars warten, bis nun das ersehnte siebte Album von Miley Cyrus erschien. Ein Rockalbum, angelehnt an den Sound der 80er Jahre. Die 2020er scheinen einen Narren an der Musik vergangener Tage gefressen zu haben, Cyrus will Rock, Dua Lipa gab uns Disko. Zwölf Lieder, 38 Minuten – das geht ganz flott dahin.

Gab’s das nicht alles schon einmal?

Und ja, Plastic Hearts macht nicht vieles neu. Das ist insofern ein großer Vorteil, als dass die Songs schnell den Weg ins Ohr der Hörer finden. Irgendwie hat man irgendwann und irgendwo die dargebotenen Lieder schon einmal gehört. Cyrus will sich an den klassischen Rock-Elementen bedienen – nur um schlussendlich ein weiteres Pop-Album herausgebracht zu haben. Wo Rock drauf steht, ist Pop-Musik mit Hang zum Rock drinnen. Synth-Bässe, ein paar schrille Gitarren und fertig ist das Ding.

Aber Billy Idol ist mit dabei. In Night Crawling bieten er und Miley einen echten 80er Song, der damals vermutlich aber nicht weiter aufgefallen wäre. Im Hier und Jetzt gibt es ob der Kollaboration schon Chancen für einen Chart-Einstieg. Das geht auch in Ordnung, muss sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen, dass die reine Gesangspaarung der beiden Künstler wohl schon ausreicht, einen soliden Song erfolgreich werden zu lassen.

Plastic Hearts hat seine starken Momente. Midnight Sky darf zu den besten Singles des Jahres gezählt werden, ein verträumter Synthi-Pop-Rock-Mix von dem man nicht wusste, dass man auf ihn gewartet hat aber dennoch froh ist, dass er dahergekommen ist. Prisoner, das Megafeature mit Dua Lipa, funktioniert tatsächlich gut, auch wenn Lipa Cyrus die Show stiehlt. Das kann der allgemeinen Erfolgswelle Lipas geschuldet sein, die derzeit alles zu Gold macht, was nur ansatzweise in ihre Richtung kommt.

Ein bisschen Mut

Plastic Hearts wäre so gern bahnbrechend und eine Zäsur in Cyrus “vielschichtiger” Diskographie. Dafür fehlt es der Scheibe aber hauptsächlich an Mut. Cyrus geht lieber auf Nummer sicher und wählt den Weg des Bekannten anstatt wirklich auszubrechen und auf neue Karten zu setzen. WTF Do I Know, der Opener, hat gutes Tempo, überquert den Fluss des Gewöhnlichen aber nicht. High hat Country-Charakter, ein Song perfekt für eine Fortsetzung von Jeff Bridges’ Crazy Heart. Hate Me klingt wie ein Song von Bille Joe Armstrong – aus dem Jahr 2020 (und das ist nicht unbedingt ein Kompliment). Alles nette Lieder, auch mit Ohrwurmpotential, aber eben nur nett.

Bad Karma mit Joan Jett will wirklich in eine neue Richtung abbiegen, nimmt auch schnellen Schritts den Weg auf, nur um wieder einen Bogen zurück zum Start zu nehmen. Sicherlich aber der Song mit dem größten Potential und dem einzigen Teaser für “echten” Miley-Rock. Auch wenn der Refrain durchaus nerven kann, überwiegt hier der prinzipielle Wille zum Neuen.

Beendet wird die Standard-Version von Plastic Hearts mit Never Be Me und Golden G String, zwei weiteren soliden Pop-Nummern. In der richtigen Stimmung auch nett, mehr aber auch nicht.

38 Minuten die niemanden weh tun werden und den ein oder anderen auch rasch mitsingen lassen werden. Ein richtig nettes Album – weder fürchterlich schlecht, noch außergewöhnlich gut. Aber zum echten Rock-Album, zur richtigen musikalischen Wiedergeburt fehlt doch einiges. Plastic Hearts ist ein Pop-Album mit dem Anstrich härterer Musik, eine Mogelpackung, ein Umstyling einer Kandidatin von Germanys Next Topmodel: Haare ab, damit muss auch die Persönlichkeit geändert worden sein. Für den Moment ganz cool, auf Dauer vermutlich aber zu wenig um langfristig bleiben zu dürfen.

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