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RAF Camora – Zukunft

© Indipendenza

Eigentlich galt die Rap-Karriere von RAF Camora nach seinem sechsten Stuioalbum ZENIT beendet. Österreichs Rap-Exportschlager kündigte seinen Rückzug an, er wolle sich in Zukunft höchstens noch als Produzent und Manager betätigen. Umso „überraschender“ kam dann Mitte Juli das Comeback: Zukunft. Und weil eine Comeback-Platte selten allein kommt, kündigt RAF gleich für Oktober den zweiten Teil an. Vorerst reicht uns aber die aktuelle Veröffentlichung, die schauen wir uns etwas näher an.

Wien, Rudolfsheim-Fünfhaus, 1150. Dort wo er herkommt, wollte sich RAF Camora auch wieder vermehrt zurückziehen. Bis ihm die Vollbremsung von größten Raperfolgen auf null zu schnell ging und er ohne seine „wirklich große Liebe“ – der Musik – nicht mehr leben könne. Was macht man dann als reicher Rapstar? Man nimmt ein Album in Dubai auf, weil da ist’s warm.

Und Zukunft startet in der Tat relativ zufriedenstellend, fast schon aufregend. Intro erklärt noch mal warum er das mit der Musik lassen wollte und verkündet dass RAF CAMORA LEBT. Chromosom bringt das für ihn typische Dancehall-Alleinstellungsmerkmal daher, das kann ganz ok anstecken. Dann Zukunft, das Ding das auf vier in Deutschland und auf die 1 in Österreich ging. Das soll laut ihm die Hymne zu den Post-Corona-Parties werden. Generell fällt auf – RAF scheint auf den italienischen Rapper Ghali zu stehen, sein Sound, die Mische über seiner Stimme, die Beats – erinnert stark an den jungen Mailänder. Umso witziger dann, dass er auf Scusa mit Ketama126 tatsächlich einen italienischen Rapper auf dem Album hat, der wirklich gerne Ghali sein will. Logischerweise klappt das nicht, ist im Gegenteil höchstens ein wenig amüsant.

Jedenfalls kann der Track Zukunft schon eine gewisse Euphorie auslösen. Dann startet eine sehr bittere Abwärtsspirale. Sowohl musikalisch als textlich reihen sich dürftige durchschnittlich zweieinhalb Minuten-Tracks aneinander. „In der Garage stehen Ferrari und Benz“, irgendwelcher Geschlechtsverkehr mit Groupies die ihn aber eh nicht interessieren – oder dann doch wieder, aber eigentlich nicht, weil er mit 36 jetzt gerne Vater sein würde, aber das geht nicht weil er eben keine geeignete Frau hat. So inkonsistent wie dieses Problem verhält es sich mit seiner Musik. Eine austauschbare Orgie von absolut vergesslichen Songs, Einheitsbrei, der maximal von „ruhigeren“ Nummern mit massiv gepitchten Refrains unterbrochen wird. Hauptsache irgendwas mit Bitches. „Manchmal kommt die Ebbe, mal die Flut“.

Diesmal wieder 187-Kollabo aber kein Feature mit Ober-Spetzl Bonez MC. Die kam jetzt, akutell stehen sie mit Blaues Licht auf Platz eins der deutschen Singlecharts. Alles schon 1000 mal gehört. Und da es funktioniert, sich extrem gut verkauft, wird daran auch nichts geändert – blöd wäre RAF.

Den Anspruch auf Weiterentwicklung scheint er sich nicht zu stellen. Den Gedanken aus der Komfortzone zu treten kennt er nicht. Zukunft ist als Comeback-Platte musikalisch ungefähr so wertvoll, wie das siebte Tor eines Bundesligisten gegen einen Regionalliga-Teilnehmer in einem Freundschaftsspiel. Schön wenn man’s schießt aber wenns nicht mehr fällt, auch egal. 14 Tracks, knapp 40 Minuten Laufzeit. Ich bin ja Fan von diesen Einheiten, hier hätten es aber durchaus weniger Minuten sein dürfen. RAF macht sein Para, den Kids gefällts, das ist das Wichtigste. Einen Stern am deutschen Raphimmel wird RAF für Zukunft nicht bekommen.

1/5 Pandroids

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