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JAMES BLAKE – FRIENDS THAT BREAK YOUR HEART

© Republic/Polydor

Wenn James Blake ein Album veröffentlicht, herrscht in der Musikwelt positive Aufregung. Der Mann mit dem Vibrato, dem minimalistischen Elektrosound, begeistert die Massen – weil er vieles versucht und ihm noch mehr gelingt. Friends That Break Your Heart stellt das fünfte Album des 33-jährigen Briten dar.

PRODUCTION

Die Erwartungen sind natürlich hoch. James Blakes Musik lebt von der herausragenden Produktion, vom Spiel und dem Verschwinden von Genregrenzen. Auch auf Friends That Break Your Heart produzierte Blake sämtliche Tracks selbst, wenn auch mit Unterstützung von einigen Kollegen. Seine Lebensgefährtin Jameela Jamil hat wie schon auf dem Vorgänger-Album gehörigen Anteil seines Sounds. Ebenso schauen Take a Daytrip oder Metro Boomin vobei. Blake wählt keinen ganz neuen Weg auf dieser Platte, spielt sich aber auch mit Rap-Beats, etwa auf den Tracks mit SZA bzw. JID und SwaWay. Die 808 kickt in gewohnter Manier, diverse andere häufig verwendete Stilmittel – wie Orgeln oder Streicher – kommen ebenfalls wieder zum Einsatz. Wenn man einzelne Glitches hört, dann sind die absichtlich, versichert Blake. Das kann natürlich als Ausrede interpretiert werden, tatsächlich darf man ihm ob der abermals durchgängig fantastischen Produktion aber Glauben schenken. Man kann auch noch weiter gehen und von der wohl besten Produktion von James Blake sprechen. Sämtliche Lieder strahlen vor Klarheit, sind fantastisch ausbalanciert und durch vermeintliche Kleinigkeiten zu größerem Berufen.

LYRICS

Pitchfork hat Blake 2018 als „Sad Boy“ bezeichnet, was in einer kleinen Fehde zwischen Kritikerplattform und Künstler ausartete. Seitdem sind die beiden Seiten nicht gut aufeinander zu sprechen, Pitchfork rated Blakes Alben seitdem auch durchwegs durchschnittlich. Es stimmt, Blakes Lyrics sind häufig voll von Selbstmitleid des Liebeskummers. Man findet diese Dinge auch wieder auf Friends That Break Your Heart, allerdings auch mit bissigerem Humor. An manchen Stellen haut er einfach raus was er sich denkt, wie in Say What You Will:

So, say what you will
Go on, say what you will
You’re gonna do it anyway

James Blake blickt auch immer wieder auf vergangene Beziehungen zurück, in Show Me wünscht er sich, dass er die Entwicklung des Ex-Partners auch sehen kann.

I heard you control love
It’s just not come out for me
I heard you had a sweet way
That I have yet to see
I wish you’d show me
I wish you’d show me

Klassische Blake-Passagen gibt es natürlich auch:

And I can’t believe I’m still talkin’ about you, that feeling
I should have lost it, I should have lost it by now
I can’t believe I’m still holding out and seeing signs
I’ve truly lost it, I’ve truly lost it this time

Famous Last Words

Man kann ihm auch den Vorwurf machen, dass er Fehler lieber bei anderen als bei sich selbst sucht. Das ist ebenfalls nichts neues und wird auf dem namensgebenden Albumtitel deutlich:

I have haunted many photographs
In the background, in the fore
And as many loves that have crossed my path
In the end, it was friends
In the end, it was friends
In the end, it was friends
It was friends who broke my heart

friends that break your heart

Oder auch in Life Is Not The Same:

Life is not the same
If we’re miles away
I was your champion
I did everything your way

Sehr großspurig aber gut, wir müssen auch nicht mit ihm befreundet sein. Ja, die Lyrics sind wieder sehr emotionsgeladen und manchmal ein wenig zu dick aufgetragen, dafür aber auch so persönlich wie selten zuvor.

REVIEW

Die großen Experimente vergangener Tage finden sich auf Friends That Break Your Heart nicht mehr. Blake wird sich selbst denken, dass es reicht, ein Genre begründet zu haben. Viel mehr besticht die Platte durch eine ausgewogene Balance aus Pop-Nummern und kleinerem Herantasten an Versuche der letzten Alben.

Famous Last Words beginnt, wie man es von James Blake erwartet. Minimalistisch und trotzdem noch epochal mit Streichern am Ende. Hörer:innen, die noch nicht in den Genuss von Musik von James Blake gekommen sind, werden sich freuen, alle anderen daran erinnert, wie ein Standard-Blake-Song klingt.

Life Is Not the Same wurde von Take a Daytrip und Joji mitproduziert, was man um ehrlich zu sein nicht sonderlich hört – zumindest wenn man sich die letzten Veröffentlichungen von Take A Daytrip in Erinnerung ruft (Montero von Lil Nas X). Ein weiterer starker Blake-Song, der zwar von Liebeskummer handelt (und deshalb in die Kategorie „schon wieder?!“ fällt) trotzdem mit allerlei Alleinstellungsmerkmalen aufschlägt. Blakes Power zum Refrain hin ist nicht zu unterschätzen.

Etwas poppiger wird es erstmals auf Coming Back, dessen Beat und Piano-Thema man sich nur sehr schwer entziehen kann. SZA ist auch mit dabei und man wünscht sich, dass Blake in Zukunft sämtliche Musik von ihr produzieren darf. Die beiden harmonieren sehr gut zusammen, sie bilden ein sehr rundes Duo auf einen eigentlich sehr simplen Grundbeat. Schlussendlich setzt das Klavier gegen Ende noch einmal kräftige und energiegeladene Akzente, die sich um das restliche Grundgerüst herumschlingen und noch eine Prise Tiefe dazugeben.

Funeral schlägt wieder ruhigere Töne an, die man schon häufig von Blake gehört hat, die aber trotzdem noch nicht abgehört sind. Sein Gespür für den Aufbau eines Lieds ist und bleibt herausragend. Statt Langeweile wird eine zweite Ebene erreicht, die meistens in Schönheit gipfelt.

Amüsant ist ja, dass die einzigen zwei Titel, die ein „explicit“-Rating bekommen haben, jene mit Rappern sind. SZA bzw. JID und SwaVay in Frozen wird diese Ehre zuteil. JID und James Blake zusammen ist ebenfalls so eine Combo, die man sich für die Zukunft wünscht. JID unterstreicht seinen Status als everybody’s darling einmal mehr, sein Flow und seine Strophe kann man als Highlight dieses Albums ansehen. SwaVay macht seine Sache nicht minder gut, er kann mit den anderen beiden mithalten. Der Beat ist nicht unbedingt einfach zu bewältigen, klingt aber fertig abgemischt richtig, richtig gut. Blakes Harmonie mit Rappern hat in der Vergangenheit immer wieder für besondere Perlen gesorgt, auch dieses Mal enttäuscht er nicht. Niemand drängt sich in den Vordergrund, ein Wechsel zwischen drei Künstlern auf Augenhöhe.

Ganz vergessen will er seine elektronischen Wurzeln auch nicht: I’m So Blessed You’re Mine hat noch mehr digitales parat und passt tatsächlich gut hinter Frozen. Ein Song braucht manchmal nicht mehr als ein paar Klavierakkorde und ein easy Keyboard um neugierig zu machen. Und er ist auch mal zufrieden, dass es in der Liebe läuft.

An einer Zusammenarbeit zwischen James Blake und Metro Boomin darf man auch nicht kommentarlos vorbeigehen. Da treffen zwei Produzenten aufeinander, die es in einem Schwergewichtskampf miteinander aufnehmen könnten. Statt Schlägen gibt es aber nur das Beste von Beiden. Einen fantastischen Beat mit Retro-Vibes und den Bounce, der für Metro Boomin steht. Mal ein paar Gitarren zum Schluss, das hört man auch nicht immer bei Blake. Leider nur 2:34 Minuten lang, der hätte noch länger sein dürfen.

Den Höhepunkt erreicht Friends That Break Your Heart mit den beiden Songs Show Me und Say What You Will. Show Me ist von vorne bis hinten in seiner simplen Schönheit nicht zu toppen, Monica Martin, für die dieser Song zum endgültigen Solo-Durchbruch werden könnte, gibt dem Lied eine ehrliche, tiefe Fülle, die von Blake aufgefangen und weitergeführt wird. Dass Monica dabei ist, haben wir Jameela Jamil zu verdanken – sie kam mit der Idee zu Blake. Generell kann man Jameela nicht genug erwähnen, überall wo sie ihre Finger im Spiel hat (und das ist auf vielen Nummern dieses Albums) scheint alles noch makelloser als sonst schon zu sein. Die beiden sind nicht nur im Privaten sondern auch beruflich auf einer Wellenlänge. Kann aber auch nicht schaden, eine ausgebildete Musikerin als Partnerin zu haben.

Say What You Will hat nicht nur ein sehr amüsantes Video, in dem Finneas als Nemesis von James Blake auftritt, sondern auch wieder alles, was einen guten James Blake-Song ausmacht. Ohrwurm-Refrain, freche Lyrics, Keyboard, Mehrstimmigkeit, a capella-Teil, schnippen, Falsett – muss reichen. Ziemlich perfekter Song.

Das Falsett tauscht er in Lost Angel Nights gegen seine tiefste Stimmfarbe ein und auch das funktioniert. Ein sehr schöner Song, der an manchen Stellen an einen Beat von Kanye West erinnert. Das ganz große Risiko geht James Blake hier nicht, aber zumindest verlässt er ein wenig sein gewohntes Schema.

Bleiben noch zwei Lieder übrig: Friends That Break Your Heart und If I’m Insecure. Erstere Nummer ist inhaltlich weinerlich, fast schon ein wenig unangenehm. Davon abgesehen, steht dieses Mal tatsächlich die Gitarre an vorderster Front neben ihm und das ist kein Nachteil. Dies zerlegten Akkorde zusammen mit dem Keyboard erinnern fast schon an Led Zeppelin-Nummern, die eingestreuten Effekte an Radargeräte von U-Booten. Funktioniert.

If I’m Insecure bildet dann ein knapp fünfminütiges Abschluss-Epos. Alles kommt noch einmal herein, noch mehr vibrato, noch mehr Nachdruck, ohne es dabei zu Übertreiben. Dazu noch ein Sound, der wieder mal mehr hernimmt als nur die klassischen Orgel- oder Streicheinheiten. Definitiv ein Lied das wächst und als starker Abschluss eines ebenso starken Albums angesehen werden darf.

FAZIT

Wie gesagt – im Gegensatz zu alten Alben von James Blake, kann Friends That Break Your Heart nicht mit großen Experimenten aufzeigen. Dem ein oder anderen Fan wird das sauer aufstoßen, gerade die Nummern, bei denen er sich weit aus dem Fenster lehnte, kamen immer besonders gut an. Dennoch ist Friends That Break Your Heart ein ausgesprochen gutes Album, mit nur wenigen Schwächen. Sicherlich – hie und da ein wenig mehr Abwechslung wäre nicht schlecht gewesen, trotzdem muss Blake nicht mehr über sich hinauswachsen, um abzuliefern. Die Produktion dieses Albums ist schlichtweg fantastisch, man kann jedem Beteiligtem nur ein großes Kompliment machen. Auch wenn Blakes Texte diesmal persönlicher denn je sind, fallen sie manchmal gegen die Musik ab. Das ist der größte Kritikpunkt dieses Albums. Alles andere ist gelungen. Stimme, Sound, Stimmung, Schönheit. Ein Album so schön, dass es Hörer:innen noch lange begleiten wird.

4,5/5 Pandroids

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